Dennis Ullrich hat beim ADAC Supercross Dortmund Geschichte geschrieben. 2013 holte er als letzter deutsche Fahrer einen Tagessieg. 2021 hängte er den Helm an den Nagel und feierte 2024 sein Comeback im ADAC MX Masters. Im Interview spricht der 31-Jährige darüber, was ihn bewegt hat, in den Rennzirkus zurückzukehren und erklärt die Faszination Motocross im Allgemeinen und ‚Dortmund‘ im Speziellen.
Dennis, was verbindest Du mit dem Supercross in Dortmund?
Ich verbinde eine Menge damit, denn ich habe über die Jahre viele gute aber auch einige schlechte Erfahrungen dort gesammelt. 2010 bin ich in der Westfalenhalle meine erstes Supercross in der SX2-Klasse gefahren. Am Pressetag habe ich mich im Waschbrett gefühlt siebenmal auf die Nase gelegt. Über die Tage bin ich dann immer besser reingekommen und konnte am Samstag im zweiten Lauf sogar um den Sieg mitfahren. Den habe ich dann verschenkt, weil ich in der letzten Kurve einfach die Tür aufgelassen habe und prompt innen überholt wurde. Ich war dann, glaube ich, bis 2016 jedes Jahr am Start und habe nur pausiert, als ich in der Motocross-WM unterwegs war. Da musste ich den Winter einfach nutzen, um Pause zu machen. Wenn die Saison im Oktober vorbei ist, ist die Zeit, um sich richtig gut auf Supercross vorzubereiten, schon knapp. Das Gleiche gilt für Ende Januar und die Vorbereitung auf die Outdoor-Saison. Ich bin einige Male auch sehr kurzentschlossen nach Dortmund gekommen. Trotzdem lief es in den Jahren meistens ganz gut.
Für einen Höhepunkt in der Geschichte des SX Dortmund hast Du dann 2013 selbst gesorgt. Du bist der letzte deutsche Fahrer, der einen SX1-Tagessieg eingefahren hat…
Ja, das war etwas ganz Besonderes für mich. Ich weiß noch, dass ich 2012 in Stuttgart mein erstes SX1-Rennen gefahren bin. Ich war Rookie und ziemlich wild und motiviert. Am Samstagabend lag ich in Dortmund dann zwei Runden vor Schluss in Führung und die Halle hat gestanden. Ich konnte kaum noch mein Motorrad hören, so lautstark wurde ich bejubelt und angefeuert. Das war unbeschreiblich, da fehlen mir heute noch dir Worte, wenn ich an die Ehrenrunde nach dem Rennen denke. Am Sonntag bin ich dann mit Florent Richier um den Königstitel gefahren. Leider war das Rennen direkt nach dem Start bereits gelaufen, als mich das Feld von innen nach außen abgeräumt hat und ich über die Strohballen gegangen bin. Da war die Hoffnung auf den Königs-Titel dahin.
Du hast in Deiner Karriere unzählige Siege eingefahren. Aber so laut wie in dem Hexenkessel Dortmund ist es dann Outdoor eher nicht, oder?
Die Atmosphäre in der Westfalenhalle ist unbeschreiblich. Wenn Du als Deutscher Fahrer vor heimischem Publikum um den Sieg fährst, dann steht die Halle buchstäblich Kopf – ein Megaerlebnis.
2021 hast Du dann Deinen Helm an den Nagel gehängt und Deine Karriere – aus heutiger Sicht kann man das zum Glück sagen –pausiert. Wie kam es dazu?
Die Entscheidung war damals wirklich hart für mich. Ich hatte Ende 2021 mental und körperlich ganz schön zu kämpfen, befand mich in einem richtigen Tief. Ich war sehr weit unten und es ging einfach nichts mehr. Es bestand keine andere Wahl. Mir war klar, dass ich nicht mehr in der Verfassung gewesen bin, Rennen zu fahren. Ich habe in der Zeit danach weiterhin Motocross-Trainings gegeben und habe darüber dann gemerkt, dass mir das Fahren einfach immer noch richtig viel Spaß macht. Das war am Ende auch der Grund für mein Comeback, der Nervenkitzel und das alles. Aber – das ist ein ganz wichtiger Punkt – ich sehe alles, was jetzt noch kommt als Zugabe und bin einfach froh, wieder Rennen zu fahren. Ich gehe das lockerer an als damals. Menschen sind keine Roboter.
Du hast ja viele Erfolge gefeiert und musst niemandem mehr etwas beweisen. Von daher ist Dein neues Mindset durchaus verständlich. Dennoch hast Du Ziele, oder?
Mein Hauptziel ist auf jeden Fall, Spaß zu haben. Ich liebe das Motorradfahren. Am meisten sogar das Supercrossfahren. Der griffige Boden kommt mir sehr entgegen, gerade jetzt, mit dem noch engeren Layout und den vielen Kurven. Das Kurvenspiel war schon immer eine meiner Stärken. Ich will jeden Tag in das Finale kommen.
Wie hast Du Dich vorbereitet?
Meine Vorbereitung ist, wie schon so häufig, etwas zu kurz ausgefallen. Nachdem wir die Entscheidung getroffen haben, in Dortmund an den Start zu gehen, war das Wetter schon nicht mehr so prickelnd in Deutschland, um SX zu trainieren. Dennoch habe ich einige gute Sessions absolviert. Mein Rekord vor Dortmund war – ich kann mich an das Jahr nicht mehr genau erinnern – dass ich nur zweimal vor dem Event SX trainiert habe. Und es hat trotzdem ganz gut geklappt und ich bin Dritter geworden. Das ist das Gute in Dortmund als Drei-Tages-Veranstaltung: Man kann quasi von Tag zu Tag wachsen.
Was macht für Dich allgemein den Reiz des Motocross aus?
Das ist nicht so leicht zu beschreiben. Wenn du auf dem Bike sitzt und Rennen fährst, dann denkst du nicht großartig darüber nach, was gestern war oder was am nächsten Tag ansteht. Du bist einfach in dem Moment. Die Zeit steht still und du konzentrierst dich auf das Fahren. Beim Supercross ist das Ganze noch etwas intensiver als draußen. Die vielen Sprünge und der enge Kurs – das ist nervenaufreibend. Ganz allgemein ist das Gefühl von Geschwindigkeit krass. Die Sprünge natürlich auch, sonst wäre ich im falschen Sport, aber für mich ist es das Größte, eine Kurve perfekt zu meistern. Es geht am Ende darum, die Möglichkeiten, das Talent und die Fertigkeit zu haben, das Motorrad schnell zu bewegen. Das ist ein unbeschreibliches Gefühl und flasht mich nach wie vor.
Abschließende Frage: Wie hast Du Weihnachten verbracht?
Weihnachten ist das Fest der Besinnlichkeit und der Ruhe. Daher gehen meine Freundin und ich das auch immer ganz gelassen an. Und doch war es am Ende wieder stressig, weil wir aufgrund von Stau viel zu lange gebraucht haben, um am zweiten Feiertag zu meinen Eltern zu kommen und so auch viel zu früh wieder losmussten. Trotzdem habe ich die Zeit mit meinen Liebsten natürlich genossen.