Schiedsrichter Olaf Noack: Die höchste Instanz beim Supercross

Am Anfang stand die Begeisterung für den Sport. Olaf Noack verfolgte die Supercross-Veranstaltungen als ganz normaler Zuschauer auf den Tribünen. Der treue Fan kam im Laufe der Jahre auch mit den Verantwortlichen ins Gespräch. Unter anderem mit Moderator Thomas Deitenbach. Er war einer der Gründe dafür, dass Noack den vakant gewordenen Platz als Schiedsrichter in Dortmund vor 14 Jahren übernahm. „Das ist eine Tätigkeit, die man nicht erlernt. Dazu wird man nominiert“, sagt Noack, der bereits seit 25 Jahren als Funktionär bei Motocross-Events tätig ist und dort die nötigen Lizenzen für sein Amt erwarb. In Gelsenkirchen gab er im November 2001 seine Premiere als Schiedsrichter einer Supercross-Veranstaltung – hat seither über 150 Events begleitet. Ein Amt, dass er mit sehr viel Leidenschaft ausfüllt. Die Verantwortung auf seinen Schultern wiegt dabei schwer: denn der Schiedsrichter ist beim Supercross die höchste Instanz und steht nahezu für die gesamte Veranstaltung in der Verantwortung.

Sind die Rennen freigegeben, thront Noack in einer Kabine unter dem Dach der Dortmunder Westfalenhalle. Von hier hat er den perfekten Überblick. Per Funk steht er im permanenten Kontakt zu Renndirektor Marcel Dornhöfer und Rennleiter Ottmar Bange. „Sind die beiden sich bei einer Situation nicht einig, habe ich das letzte Wort“, erklärt Noack. Seine Entscheidung – immer reine Tatsachenentscheidungen – ist nicht außerhalb des gerichtlichen Weges anzufechten. Auch das Strafmaß liegt letztlich im Ermessen des Schiedsrichters. Je nach Vergehen liegt das bei einer Geldstrafe, einer Rückversetzung im Klassement oder gar einem Veranstaltungsausschluss. „Ich habe eigentlich schon alles gesehen. Von richtig fiesen Prügeleien bis hin zur Schauspielerei“, so Noack. Beim deutschen Supercross gibt es im Vergleich zu den Veranstaltungen in Amerika einen großen Unterschied. Hier können Rennabbruchs-Verursacher vom Restart ausgeschlossen werden, in den USA nicht. „Deshalb markieren Fahrer manchmal“, berichtet Noack. „Es ist beispielsweise vorgekommen, dass ein Fahrer aus der Kurve geflogen und dann wieder auf den Kurs gekrabbelt ist, nur um einen Abbruch zu erzwingen. In den USA wäre er beim nötigen Restart dabei gewesen. Ich habe ihn aber ausgeschlossen, was er zunächst nicht verstehen wollte.“ Natürlich ist es auch aus der optimalen Position nicht immer ganz einfach, genau zu ergründen, wer der Verursacher eines Unfalls war. Und manchmal müsse man im Strafmaß auch mal ein Auge zudrücken. Noack: „Die Piloten haben im Rennen nicht selten einen Puls von 190. Die stehen mächtig unter Strom. Das darf man nicht vergessen.“ Durch seine jahrelange Tätigkeit kennt er viele aus dem Fahrerfeld. An einem Ort wird man Noack dennoch während einer Veranstaltung nicht sehen: unter einem Teampavillon. „Das letzte was ich möchte ist, dass man mir Befangenheit nachsagen kann. Klar kenne ich einige besser als andere. Wenn ich meine Entscheidungen treffe, spielt das aber absolut keine Rolle.“

Die Beurteilung des Renngeschehens ist jedoch nur eine Aufgabe des Schiedsrichters. Noack hat nahezu in allen Punkten ein Wörtchen mitzureden. Los geht es mit der Kontrolle der Nennungen. Auch beim Streckenlayout entscheidet er über die Machbarkeit und entsprechende Sicherheitsmaßnahmen. „Wir wollen flüssige, anspruchsvolle Kurse, bei denen sich aber das Risiko für alle in Grenzen hält. Das ist keine leichte Aufgabe. Letztlich gebe ich das Okay und trage damit auch die finale Verantwortung.“ Obwohl er sich viele Gedanken zum Thema Sicherheit macht, kam es aber auch schon unter seiner Ägide zu schweren Unfällen. Momente, in denen Noack ins Grübeln kommt. Momente, die den Ehrenamtlichen teils lange beschäftigen. Noack: „So was nimmt einen extrem mit. Das kann man nicht in ein, zwei Tagen verarbeiten. Man stellt sich selbst in Frage, obwohl man eigentlich weiß, dass man alles Nötige im Vorfeld bedacht hat. Ein Restrisiko bleibt bei dieser, wie auch bei vielen anderen Sportarten, immer. Wir tun alles, um dies zu minimieren. Auf Null senken könnten wir es jedoch nur, wenn wir gar nicht starten.“

Es ist Noack bei jedem Wort anzumerken, dass er den Supercross mit Leib und Seele lebt. Eine Veranstaltung ohne Schiedsrichter wäre undenkbar. Umso besser, dass in Dortmund ein Mann mit viel Herz und Erfahrung sowie jeder Menge Sachverstand das Amt begeistert bekleidet – als Ehrenamtlicher in seiner Freizeit.